Koraat Kento „Renshi“

Ich hatte in meinem Oesterreichurlaub 2015 das grosse Glück, den jungen Artisten der Rasiermesser, Ulrik Beyer aka Koraat Kento persönlich kennen zu lernen. Ich packte in mein Wohnwagen-Reisegepäck meine beide hier bereits vorgestellten Rasiermesser von ihm mit ein. Das „Hatamoto“ musste geschärft und das „Kaishaku“ kontrolliert werden. Wir verabredeten einen Termin und so radelte ich mit meiner Frau von Marbach an der Donau dem Fluss entlang in Richtung der koraatschen Schmiede.

Dort angekommen, begrüsste uns der Meister nebst Partnerin sehr herzlich und schon standen wir mitsamt Hund in der ganz neu bezogenen Werkstatt.
Während die Damen angeregt miteinander redeten, wurde ich durch die Werkstatt geführt. Dann packte ich meine beiden Schätze aus und Ulrik machte sich ans Werk.

Ulrik 3 Ulrik 2

Ich denke, er freute sich, dass er „seine“ Messer wieder einmal sah und in Händen halten konnte. Er rühmte den guten Zustand der Messer, was mich natürlich sehr gefreut hat. Auf Grund der „lächelnden Klinge“ habe ich es mir nicht zugetraut, die Messer selber zu schärfen, das bedarf doch einiger Erfahrung.

Während der Meister sich an den Schärfsteinen zu schaffen machte, meinte er, er habe hinten eine Vitrine, in der ich mich umsehen könne. Ich sah mich also um und „paff“ da lag es. Dieses oder keines, sagte ich mir.

Renshi 3

Dieses Messer und eine Rasierseife, die im Moment sehr gehypt wird, habe ich gekauft. Ich will nicht verschweigen, dass ich damit gerechnet hatte, bei Ulrik ein Messer zu kaufen, das war schon fast Eventualvorsatz (aber nichts meiner Frau sagen).

Wie unschwer festzustellen ist, handelt es sich bei diesem Messer um eine den japanischen Kamisori nachempfundene Klinge. Die Form des Griffs ist vollendet und liegt sehr gut in der Hand. Man hätte das Messer auch Dragonfly nennen können. Meiner Tradition folgend, nachdem alle meine Koraats einen Namen mit Bezug zur japanischen Samurai-Kultur erhalten, nenne ich es liebevoll „Renshi“. Ren bedeutet etwa gehärtet, geschmiedet, geschliffen. Shi bedeutet Mensch oder Person. Somit fand ich die Bezeichnung Renshi für „Experte“ recht passend, insbesondere, weil die Attribute der Bedeutung Ren darin enthalten sind.

Ich fragte natürlich nach den Besonderheiten dieses speziellen Messers. Koraat machte folgende Angaben darüber:
„Bzgl. des Stahls: Es handelt sich um eine Sonderschmelze, hergestellt von Achim Wirtz. Die Bezeichnung ist sc145, was soviel wie „Superclean“ also hochrein erschmolzen bedeutet und 145 steht für ca. 1,45% Kohlenstoff.  Dieser Stahl ist extrem feinkörnig und erreicht beim Härten bis zu 70hrc.
Verwendet wird er bei ca. 63-65hrc.
Da es nur ein paar hundert Kilo davon gab, ist inzwischen alles verkauft und der Stahl wird auch nicht mehr neu produziert. Ist also was ganz besonderes“.

Müssig zu sagen, dass Koraat dieses Messer aus einem Stück harten Stahls von Grund auf designt und herausgearbeitet hat. Handwerk vom Allerfeinsten nenne ich das.

Das Messer wurde für einen Kunden im Auftrag hergestellt, dem es dann jedoch nicht zusagte und der es, zu meinem Glück, zurück schickte.

Da wir eine überschaubare Community sind, ist es durchaus möglich, dass derjenige hier schaut und liest. Somit sage ich einerseits danke, andererseits „Junge, du hättest es behalten sollen“.

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Das Messer rasiert sanft und gründlich. Die Handhabung ist gewöhnungsbedürftig. Aber mit ein wenig Geschick lässt es sich damit wie mit einem herkömmlichen Rasiermesser rasieren. Das Messer ist, entgegen der japanischen Kamisori beidseitig und beidhändig zu benutzen, das ist ein klarer Vorteil unter Missachtung der kulturellen Gepflogenheiten.

Kaum zuhause musste „Renshi“ natürlich ein gepflegts Heim bekommen. Da das Kamisori keine Griffschalen hat und die Klinge frei liegt, muss es irgendwie so aufbewahrt werden, dass die Schneide entsprechend geschützt ist.
Ich hatte glücklicherweise noch ein japanisches Holzkistchen vorrätig. Darin wurde roter, dicker Filz eingeklebt. Darüber wurde etwas festerer, weisser Filz eingeklebt, in den die Umrisse des Kamisori ausgeschnitten worden waren. Darüber kommt ebenfalls ein doppelt zusammengefalteter, roter Filz, der die Klinge am verrutschen im Kistchen hindert. So kann das Messer gefahrlos transportiert werden, selbst im Wohnwagen.

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Das Rote auf dem Kistchen ist übrigens mein persönlicher Hanko.
Damit signieren Japaner statt zu unterschreiben. Es gibt verschiedene Arten von Hanko. Meiner ist ein sogenannter „mitome-in“, ein unregistrierter Stempel mit dem man beliebige Dinge stempeln kann, Bilder oder anderes Eigentum.

Schön, dass ihr bis hierher gelesen habt. Danke für euer Interesse.